Meinungen zur Abschaffung von Roaming-Gebühren und mehr Netzneutralität

Verbraucher- und Branchen-Verbände zu Beschlüssen des EU-Parlaments

04. April 2014

Die vom EU-Parlament beschlossene Abschaffung von Roaming-Gebühren innerhalb der EU sowie die Regelungen für Netzneutralität haben sowohl Zustimmung als auch Kritik seitens der Unternehmen und Verbraucherschützer erhalten. Wir haben die wichtigsten Meinungen und Kommentare zu den neuen Regelungen zusammengestellt.

Abschaffung von Roaming-Gebühren führe zu höheren Tarifen im Inland

Die Mobilfunkanbieter sehen der Abschaffung von Roaming-Gebühren mit Skepsis entgegen und warnen vor steigenden Preisen. Hauptgeschäftsführer des Branchen-Verbandes BITKOM Dr. Bernhard sagte dazu: » Eine Abschaffung der Roaming-Gebühren würde das komplette Preisgefüge in der Mobilkommunikation ins Rutschen bringen und die Verbraucher an anderer Stelle zusätzlich belasten«. Er warnt davor, dass die Preise für Inlandstelefonate und mobile Internetnutzung zwangsläufig steigen würden. Denn die Netzbetreiber seien auf die Erlöse aus dem Roaming dringend angewiesen, um die anstehenden Milliardeninvestitionen in den Netzausbau stemmen zu können. «Profitieren werden vor allem Geschäftsleute, die häufig im Ausland unterwegs sind. Leidtragende werden die einkommens-schwachen Bevölkerungsgruppen sein, die wenig reisen und derzeit von den niedrigen Gebühren für Inlandsgespräche am stärksten profitieren«, schreibt BITKOM.

Auch VATM beurteilt die Roaming-Abschaffung kritisch. »Dass die Nutzung fremder Mobilfunknetze im Ausland beitragspflichtig ist, sei für die Kunden nachvollziehbar und unstrittig. Ein Verbot, für eine unstrittig erbrachte Leistung ein Entgelt vom Kunden zu verlangen, ist eine schlechte Verbraucherschutzpolitik«, argumentiert VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. »Nun müssen andere dafür zahlen. Für den Breitbandausbau ist es enorm wichtig, dass die Kunden wissen, wofür sie bezahlen und die Nutzung eines Netzes auch einen Wert hat.« Der Beschluss würde dem europäischen Markt nicht nur Investitionsmittel entziehen, die für den Ausbau der Netze dringend notwendig seien, sondern mit »Leistung für 0 Euro« ein völlig falsches psychologisches Signal an die Verbraucher senden, kritisiert der Verband.

Gleichzeitig begrüßt Grützner, dass das EU-Parlament den Kommissionsvorschlag zur Angleichung der Tarife für EU-weite Ferngespräche auf das Preisniveau nationaler Ferngespräche gestrichen hat. »Das EU-Parlament habe erkannt, dass es auf dem Markt für Fernverbindungen im Festnetz eine Vielzahl wettbewerblicher Korrektive gäbe und eine Endkundenpreisfestsetzung hierzu keine Alternative sein könne. So bestehe zum Beispiel in Deutschland die Möglichkeit der Nutzung von Call-by-Call. Studien des VATM belegten eindrucksvoll, dass die Nachfrage der Verbraucher nach diesen Diensten nach wie vor sehr hoch ist. Die europäischen Abgeordneten haben sich eindeutig für verbraucherfreundliche Angebote in einem funktionierenden Markt ausgesprochen«, erläutert Grützner.

Gleicher Zugang für Dienstleistungsanbieter

Viel mehr Zustimmung finden die neuen Regelungen zur Netzneutralität. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt, dass die Abgeordneten mit ihrem Votum ein klares Zeichen für die Bewahrung des offenen Internets gesetzt und gefährliche Lücken im ursprünglichen Verordnungsentwurf geschlossen haben. »Trotz der Korrekturen sind aber noch immer kritische Punkte zur Netzneutralität offen«, sagt Lina Ehrig, Leiterin des Teams Digitales und Medien beim vzbv.

Obwohl das EU-Parlament eine stärkere Regulierung der so genannten Spezialdienste beschlossen hat, gibt es weiterhin Schlupflöcher für Inhalte- oder Diensteanbieter, Verträge mit Zugangsnetzbetreibern zu schließen, um ihre Angebote gegen Entgelt besonders behandeln zu lassen. Denn weiterhin wäre es möglich, dass ein Internetanbieter einen Vertrag mit einem großen Streaminganbieter abschließt und dessen Video- oder Musikdaten anschließend nicht auf das Übertragungsvolumen seiner Kunden anrechnet. Dies könnte zu erheblichen Markteintrittsbarrieren führen und sich negativ auf die Angebotsvielfalt auswirken, kritisiert der vzbv.

Die Verbraucherschützer fordern daher, dass die Spezialdienste unmissverständlich von Diensten im offenen Internet unterschieden werden. Ein Dienst solle nicht als Spezialdienst angeboten werden dürfen, wenn er auch im offenen Internet existiert, wie es aktuell bei einzelnen Musik-Streaming-Diensten der Fall ist. Außerdem sollte immer ein sachlicher Grund vorliegen, warum ein Dienst als Spezialdienst realisiert werden muss, um die Belastung für das offene Internet möglichst gering zu halten.

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