Urteil: Endgerätefreiheit beim mobilen Internetzugang

vzbv gegen Telefónica: O2 hatte Surfen mit kabelgebundenen Geräten verboten

19. März 2021

Ein Mobilfunkanbieter darf seinen Kunden nicht vorschreiben, dass sie ihren Internetzugang nur mit bestimmten Geräten wie Smartphones, Tablets und anderen mobilen Geräten nutzen dürfen. Das hat das Landgericht München I nach einer Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen Telefónica Deutschland entschieden.

Urteil: Endgerätefreiheit beim mobilen Internetzugang
Urteil: Endgerätefreiheit beim mobilen Internetzugang (Bild: iStockphoto.com/Niyazz)

Stationäre LTE-Router ausgeschlossen

Im Mobilfunk-Tarif »O2 Free Unlimited« mit unbegrenztem Datenvolumen hatte Telefónica den Internetzugang nur für Endgeräte erlaubt, die eine mobile Nutzung unabhängig von einem kabelgebundenen Stromanschluss ermöglichen. Ausdrücklich ausgenommen waren stationäre LTE-Router, die einen Internetzugang auch mit der SIM-Karte herstellen und auf beliebige Endgeräte verteilen können.

Nach Ansicht der Verbraucherschützer verstößt der Ausschluss kabelgebundener Geräte gegen die Endgerätefreiheit in der Europäischen Union und ist unwirksam. »Kundinnen und Kunden dürfen frei wählen, mit welchen Geräten sie ihren Internetzugang nutzen. Dieses Recht dürfen Anbieter nicht in ihren Tarifbedingungen aushebeln«, sagt Jana Brockfeld, Rechtsreferentin beim vzbv.

Urteilsbegründung

Das Landgericht München schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass Telefónica gegen die Verordnung über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet (VO 2015/2120) (TSM-VO) der Europäischen Union verstieß. Diese räumt Verbrauchern ausdrücklich das Recht ein, über ihren Internetzugangsdienst Endgeräte ihrer Wahl zu nutzen. Telefónica schließe dagegen jegliche Nutzung des Internetzugangs mit kabelgebundenen Geräten aus, beanstandeten die Richter. Zahlreiche Geräte, die sich für den Internetzugang eigneten und üblich seien, könnten dadurch nicht genutzt werden. Das sei mit dem Grundgedanken der Endgerätefreiheit nicht zu vereinbaren.

Die Richter beanstandeten insbesondere auch, dass die Einschränkung der Endgeräte in einer Fußnote in der zugehörigen Preisliste steht. Laut dem von vzbv veröffentlichten Urteil (PDF-Datei) betrifft die streitgegenständliche Klausel nach Asicht des Gerichts keine Hauptleistungspflicht des Mobilfunkanbieters. Diese sei die Zurverfügungstellung eines Internetzugangs. Mit welchen Geräten ein solcher Internetzugang genutzt werden kann, ist keine Frage der Hauptleistungspflicht, so das Gericht. Es handelt sich vielmehr um eine technische Ausformung der Leistungserbringung durch die Beklagte. Das Gericht teilte auch nicht die die Auffassung der Telefónica, die Hauptleistungspflicht bestehe in der Zurverfügungstellung eines Internetzugangs nur für Mobilgeräte, weil es sich um einen speziell für die Verwendung mit solchen Geräten konzipierten Tarif handele. Diese Ansicht beruhe auf einer - letztlich willkürlich - vorgenommenen Unterteilung des Angebots von Internetzugangsdiensten in mobile und stationäre »Produktwelten«. Allerdings handele es sich vielmehr um einen allgemeinen Vertrag über die Nutzung eines Internetzugangs.

Insgesamt erklärten die Richter die streitgegenständliche Klausel für unwirksam, weil sie die Verbraucher als Vertragspartner unangemessen benachteiligt.

Telefónica hat Berufung eingelegt

Das Urteil des LG München I vom 28.01.2021, (Az. 12 O 6343/20) ist noch nicht rechtskräftig. Telefónica hat gegen die Entscheidung Berufung beim OLG München (29 U 747/21) eingelegt.

Wegen ähnlicher Klauseln hat der vzbv auch die Telekom Deutschland GmbH, die mobilcom-debitel GmbH und die Vodafone GmbH verklagt. Zu diesen Verfahren liegen noch keine Gerichtsentscheidungen vor.

Quelle: Mitteilung vom vzbv

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