Bundesnetzagentur veröffentlicht Entscheidungsentwurf zu Vectoring

VDSL Vectoring Pläne der Telekom werden witgehend genehmigt

10. April 2013

Die Bundesnetzagentur hat am Dienstag ihren Entscheidungsentwurf für die Einführung der Vectoring-Technologie im Netz der Deutschen Telekom veröffentlicht. Der Entwurf sieht vor, dass die Telekom ihren Wettbewerbern den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) an bisher noch nicht erschlossenen Kabelverzweigern (KVz) grundsätzlich weiterhin gewähren muss. Gleichzeitig kann die Telekom den Zugang zur KVz-TAL aber »unter besonderen Bedingungen« verweigern.

Bundesnetzagentur

Voraussetzung für eine Zugangsverweigerung der Telekom ist, dass es in dem Gebiet bereits ein »zweites Festnetz« gibt, sie mehr KVz-TAL erschlossen hat als ein Wettbewerber und als Ersatz für den Zugang zur KVz-TAL dort ein angemessenes Bitstromprodukt anbietet. In Gebieten ohne zweite Festnetzinfrastruktur, dazu gehören vor allem ländliche Regione, kann die Telekom dagegen einem Wettbewerber den Zugang zur KVz-TAL für VDSL nicht verweigern, wenn dieser den KVz als Erster für Breitbandtechnik erschlossen hat, er seinerseits Vectoring einsetzt und im Rahmen eines offenen Netzzugangs (»Open Access«) ebenfalls ein »angemessenes« Bitstromprodukt anbietet.

Bestandsschutz für bereits angebundene Kabelverzweiger bis Ende 2016

Für Kabelverzweiger, die Wettbewerber bereits an ihr eigenes Netz angebunden haben, soll sich nichts ändern. Hier können die Unternehmen die von der Telekom angemieteten KVz-TAL weiter für VDSL-Anschlüsse betreiben und dort auch künftig weitere Leitungen für VDSL schalten lassen. Allerdings werden Wettbewerber an solchen KVz dazu verpflichtet, ab 2017 selbst Vectoring einsetzen. Außerdem darf die Telekom dann von ihnen ein Bitstromprodukt verlangen.

»Unser Entscheidungsentwurf ist das Ergebnis einer sehr sorgfältigen Prüfung und Abwägung aller maßgeblichen Punkte auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen. Die ausgewogene Berücksichtigung von Eigentumsrechten sowie Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten ermöglicht auch künftig eine flächendeckende Breitbanderschließung von Kabelverzweigern durch alle Marktakteure. Zugleich stellt der Open Access Ansatz sicher, dass keine Gebietsmonopole entstehen: weder für die Telekom noch für die Wettbewerber«, erklärte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.

Der Entscheidungsentwurf ist auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht. Interessierte Parteien haben bis zum 10. Mai 2013 Gelegenheit, schriftlich Stellung zu nehmen. Am 24. April 2013 findet zudem eine öffentliche mündliche Anhörung in Bonn statt. Anschließend wird der Entscheidungsentwurf der EU-Kommission und den nationalen Regulierungsbehörden der übrigen EU-Mitgliedstaaten übermittelt, die dann innerhalb eines Monats Stellungnahmen abgeben können. Sofern die EU Kommission keine ernsthaften Bedenken äußert, kann die Entscheidung anschließend endgültig in Kraft treten.

Hintergrund: VDSL Vectoring

Die Telekom hatte Ende 2012 bei der Bundesnetzagentur beantragt, die Zugangsmöglichkeiten für Wettbewerber zur TAL an den KVz einzuschränken, um Vectoring in ihrem Netz einsetzen zu können. Mit dem Vectoring-Verfahren sind im heute bestehenden kupferbasierten Teilnehmeranschlussnetz höhere Übertragungsraten möglich, theoretisch bis zu 100 MBit/s im Download. Die Technik reduziert die gegenseitige Störung benachbarter Kupferdoppeladern eines Kabels. Nach dem derzeitigen Stand der Technik ist dafür allerdings notwendig, dass nur ein Unternehmen den Zugriff auf alle Kupfer-Doppeladern am KVz hat; ein entbündelter Zugriff ist für VDSL-Vectoring nicht mehr möglich.

Telekom begrüßt den Entwurf und hält weitere Regelungen für notwendig

Die Deutsche Telekom begrüßte den Entwurf der Bundesnetzagentur und sieht das vorgeschlagene Modell als eine wichtige Voraussetzung für die geplanten Investitionen. Das Unternehmen möchte in den kommenden Jahren rund sechs Milliarden Euro vorrangig in den Festnetzausbau mit Vectoring investieren zu wollen. Allerdings gäbe der Entwurf der Behörde keine endgültige Rechtssicherheit, so die Telekom. Wesentliche Regelungen stünden unter dem Vorbehalt eines bestimmten Vorleistungsangebotes (Bitstrom-Anschluss). Dieses Angebot muss in einem weiteren Verfahren bei der Bundesnetzagentur festgelegt werden. Weiterhin sieht die Telekom es als problematisch an, dass in den Regionen, wo es keine zweite Infrastruktur gibt, beispielsweise durch einen Kabelnetzbetreiber, für den Konzern fast unmöglich sein soll, Wettbewerbern, die einzelne Kabelverzweiger erschlossen haben, zu kündigen, um ein Ortsnetz auszubauen, schreibt die Telekom in ihrem Blog.

VATM fordert Regelungen zu Vorprodukten und Sanktionen

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM) hat sich insgesamt zwar positiv zu dem Entwurf geäußert, hält allerdings weitere Regelungen für notwendig. »Die Bundesnetzagentur hat sich in ihrem Entwurf große Mühe gegeben, Regelungen zu schaffen, die sowohl für die Deutsche Telekom als auch für die Wettbewerber die Möglichkeiten offen halten, in den Breitbandausbau zu investieren«, lautet das erste Fazit von VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner nach der heutigen Veröffentlichung des Entscheidungsentwurfes. »Kritisch sehen wir allerdings, dass nicht klar ist, welche Sanktionen es geben soll, wenn die Telekom eine Vectoring-Aufrüstung in einem Gebiet ankündigt, dadurch den Ausbau durch einen anderen Anbieter verhindert, dann aber den Ausbau unterlässt.« Auch fehlen noch hochwertige Bitstrom-Vorproduktangebote am Hauptverteiler, die der Leistungsfähigkeit von VDSL mit Vectoring entsprechen und eine Angebotsvielfalt für den Kunden garantieren, so Grützner weiter. Er forderte die Bundesnetzagentur auf, »schnell die im Rahmen des NGA-Forums getroffenen Verabredungen zu einem entsprechenden Vorprodukt umzusetzen und ein entsprechendes Regulierungsverfahren zügig durchzuführen.«

Breko: Bundesnetzagentur erschwert den Breitbandausbau für Wettbewerber

Der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) ist über die vorläufige Entscheidung enttäuscht und hat diese stark kritisiert. Die Telekom werde dadurch von der uneingeschränkten Entbündelungs-Verpflichtung an Kabelverzweigern (KVz) befreit und erhalte einen Freibrief für Breitband, so BREKO. Damit werde der Breitbandausbau der Wettbewerber massiv erschwert. Aus Sich von BREKO habe die Bundesnetzagenztur dem Antrag der Telekom aus Dezember 2012 weitgehend gefolgt, die Vectoring-Technik exklusiv anwenden zu können und sich somit aus der Entbündelungs-Verpflichtung befreien zu lassen. Dadurch würden City- und Regional-Carriern keinen Zugang zur »letzten Meile« (TAL am KVz) erhalten.

»Es ist nicht nachzuvollziehen, wie die Regulierungsbehörde den Anträgen der Telekom in weiten Teilen folgen konnte. Zumal es doch ganz offensichtlich ist, dass die Deutsche Telekom darauf abzielt, hauptsächlich in den Ballungsgebieten ihre Marktstellung gegenüber den Kabelnetzbetreibern zu verbessern und den Wettbewerb im ländlichen Raum auszubremsen«, so BREKO-Präsident Ralf Kleint. Auch Stephan Albers, Geschäftsführer des BREKO, ist mit dem Entscheidungs-Entwurf der BNetzA völlig unzufrieden, bleibt aber kämpferisch: »Nun werden wir den Weg über Brüssel gehen, denn die Europäische Kommission kann die Entscheidung der Behörde mit einem Einspruch noch beeinflussen.«

Bild: Bundesnetzagentur

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