Bundesnetzagentur beschließt höhere Entgelte für die letzte Meile

Wettbewerber kritisieren geplante Verteuerung der Kupferleitung

28. März 2013

Die Bundesnetzagentur hat am Donnerstag ihren Entgeltvorschlag für die Teilnehmeranschlussleitung (TAL), die so genannte »letzte Meile«, veröffentlicht. Danach darf die Telekom Deutschland GmbH (Telekom) ab dem 1. Juli 2013 monatlich 10,19 Euro (netto) von ihren Wettbewerbern für die Anmietung der TAL am Hauptverteiler (HVt) verlangen. Derzeit werden dafür 10,08 Euro im Monat fällig.

Gleichzeitig soll der Zugang zur TAL an einem Kabelverzweiger (KVz) für die Wettbewerber günstiger werden. Nach dem Vorschlag der Bundesnetzagentur sollen Wettbewerber an die Telekom künftig nur noch 6,79 Euro monatlich statt bisher 7,17 Euro (netto) für den Zugang zu den grauen Verteilerkästen am Straßenrand zahlen. Die neuen Preise sollen für drei statt bisher für zwei Jahre gelten.

Verteilerschränke

Der Hauptverteiler ist der zentrale Punkt im Netz der Telekom, ab dem die einzelnen Kupferleitungen zu den Endkunden führen. Die Wettbewerber können hier ihre Technik aufbauen und dann die Leitung zu den Kunden bei der Telekom mieten. Laut Bundesnetzagentur geht der Trend in die Richtung, dass Wettbewerber die eigene Technik mit Glasfaserleitungen direkt an Kabelverzweiger anschließen. Dadurch ließen sich auch höhere Bandbreiten realisieren. So ist diese Anschlussart besonders für VDSL-Anschlüsse in Deutschland wichtig.

Preiskalkulation auf Basis von Wiederbeschaffungskosten

Der aktuelle Preisvorschlag für die TAL-Miete sei das Ergebnis eines sehr sorgfältig und transparent durchgeführten Genehmigungsverfahrens: »Wie in den letzten Genehmigungsrunden wurden die Entgelte wieder auf der Basis aktueller Wiederbeschaffungskosten ermittelt. Dadurch lassen sich nach wie vor am besten Anreize für Investitionen in moderne Telekommunikationsnetze setzen. Zu niedrige Preise würden bereits getätigte Investitionen entwerten sowie neue beeinträchtigen und damit den Regulierungszielen zuwider laufen«, erklärte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.

Die Behörde begründet die Erhöhung des Preises für den Zugang zur letzten Meile am Hauptverteiler damit, dass seit der letzten Entscheidung vor zwei Jahren die Tiefbau- und Kupferpreise, die maßgeblich in die Kalkulation des Investitionswertes für die TAL eingehen, gestiegen seien. Darüber hinaus sei die Zahl der kupferbasierten Festnetzanschlüsse weiter zurückgegangen, sodass sich auch die Stückkosten erhöht haben. Demgegenüber sei der aktuelle Trend, mit der Technik von den Hauptverteilern in die Kabelverzweiger vorzurücken und diese anstelle von Kupferkabeln mit Glasfaserleitungen anzubinden, berücksichtigt worden, was zur Absenkung des Überlassungsentgelts für die kürzere Kabelverzweiger-Variante geführt hat.

Die Bundesnetzagentur rechnet damit, dass die kupferbasierten Kabel vom Hauptverteiler bis zum Kabelverzweiger (Hauptkabel) kürzer und die Kupferkabel vom Kabelverzweiger bis zum Endkunden (Verzweigerkabel) zeitlich länger genutzt werden. Infolgedessen wurde die Abschreibungsdauer für das Hauptkabel gesenkt und für das Verzweigerkabel erhöht. Dieser Effekt führe bei der Kabelverzweiger-TAL im Gegensatz zur Hauptverteiler-TAL trotz insgesamt höherer Investitionskosten zu einer Absenkung sowie einem größeren Preisabstand zwischen diesen beiden Varianten als bisher.

Neue Preise für Einbauplätze in einem Multifunktionsgehäuse

Neben den Vorschlägen für die TAL-Entgelte hat die Bundesnetzagentur auch neue Entgelte ab dem 1. Juli 2013 für den Zugang von Wettbewerbern zur Anschlussinfrastruktur der Telekom bekannt gegeben. Das monatliche Überlassungsentgelt für einen Einbauplatz in einem Multifunktionsgehäuse – das sind spezielle Kabelverzweiger, in die auch aktive Technik eingebaut werden kann – soll künftig 107,23 Euro betragen statt bisher 132,42 Euro. Dieser Preis bildet die Ausgangsgröße für die Aufteilung unter sämtlichen Nutzern eines Multifunktionsgehäuses einschließlich der Telekom, so dass ein Wettbewerber alleine maximal die Hälfte des Betrags zu entrichten hat. Bei der Nutzung eines Multifunktionsgehäuses durch drei Unternehmen muss dann beispielsweise lediglich ein Drittel usw. bezahlt werden. Sofern Wettbewerber für die Anbindung eines Kabelverzweigers auf ein Kabelleerrohr der Telekom zurückgreifen, sollen sie dafür wie bisher monatlich 9 Cent (netto) pro Meter zahlen. Die Anbindung eines Kabelverzweigers mit unbeschalteter Glasfaser soll künftig 66,75 Euro im Monat kosten statt bisher 69,22 Euro.

Termine und Inkrafttreten

Die beiden Entscheidungsentwürfe sollen am 10. April 2013 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur zur nationalen Konsultation veröffentlicht werden. Für interessierte Parteien besteht dann Gelegenheit, bis zum 24. April 2013 schriftlich Stellung zu nehmen. Anschließend werden die Entscheidungsentwürfe der EU-Kommission und den nationalen Regulierungsbehörden der übrigen EU-Mitgliedstaaten übermittelt, die dann innerhalb eines Monats Stellungnahmen abgeben können. Sofern die EU Kommission keine ernsthaften Bedenken gegen die Entscheidungen äußert, sollen die neuen Preise rechtzeitig ab dem 1. Juli 2013 endgültig in Kraft treten.

Reaktionen auf Entgelt-Vorschläge

Die Deutsche Telekom hat Anfang des Jahres höhere TAL-Entgelte beantragt. Nun folgt die Bundesnetzagentur zumindest teilweise diesem Antrag. Während die Telekom die neuen Entgelte vorsichtig begrüßt, wird die Entscheidung der Behörde von den Wettbewerbern scharf kritisiert.

»Der Preiserhöhung für mehr als neun Millionen angemietete TAL-Anschlüsse am Hauptverteiler steht eine marginale Senkung für nur rund 140.000 gemieteter TALs am KVz gegenüber. Das bedeutet eine drastische Belastung des Wettbewerbs und der Infrastrukturinvestoren in Höhe von rund 37 Millionen Euro im Genehmigungszeitraum und eine Entwertung der Investitionen der Unternehmen, die Glasfaser bis zum Hauptverteiler gebaut haben«, so der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM). Auch der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) sieht die Investitionen der Wettbewerber in Gefahr: »Mit der Anhebung [der Hauptverteiler-TAL] gehen wichtige Investitionsmittel für die kostenintensive Glasfaserverlegung verloren – vor allem im ländlichen Raum«, so der Verband.

Die im Gegenzug vorgenommen Absenkung der KVz-TAL soll diesen Nachteil auch nicht aufwiegen können, so die beiden Verbände. »Die Investitionsmittel, um Glasfaser zum KVz zu verlegen und von der Absenkung der KVz-TAL zu profitieren, müssen am HVt verdient werden«, erklärt BREKO. Und der VATM rechnet vor, dass durch die Preissenkung eine Entlastung von lediglich rund 1,9 Millionen Euro in drei Jahren entstehe. »Bei einem erforderlichen Investitionsvolumen im zweistelligen Milliardenbereich in den weiteren Breitbandausbau wird eine Senkung um 38 Cent pro Teilnehmeranschlussleitung keinerlei neue Impulse auslösen und eine Riesenchance vertan«, kritisiert VATM-Präsident Peer Knauer.

Thomas Ellerbeck, Geschäftsführer bei Vodafone Deutschland, kritisiert die Entscheidung der Aufsichtsbehörde: »Die Bundesnetzagentur zementiert das Telekom Monopol im Festnetzbereich statt es mutig und im Sinne der Verbraucher abzubauen. Sie bremst damit Investitionen und Wettbewerb im deutschen Festnetzmarkt weiter aus.« Dabei müssen die Wettbewerber in Deutschland schon heute teilweise viel höhere Entgelte zahlen, als die Anbieter in anderen EU Ländern.

Bild: NetCologne

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