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EU plant alle Telefonate innerhalb Europas ohne Aufschläge
Neue Regelungen für Mobilfunk- und Festnetz-Telefonie und Netzneutralität
Die Europäische Kommission hat am Mittwoch ihre Pläne zu den Reformen des Telekommunikationsmarkts vorgelegt. Das neue Gesetzespaket trägt den Namen »Vernetzter Kontinent« und soll zur Senkung der Verbraucherpreise führen. So soll das Telefonieren innerhalb der EU nicht mehr als ein Inlandsgespräch kosten. Dies soll sowohl für mobile als auch für Festnetz-Gespräche gelten. Auch die Kosten für eingehende Gespräche innerhalb der Europäischen Union sollen entfallen.
Der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, hat in seiner diesjährigen Rede zur Lage der Union die neuen Gesetze angekündigt: »Weitere deutliche Fortschritte auf dem Weg zu einem europäischen Telekommunikationsbinnenmarkt sind dringend notwendig – für die strategischen Interessen Europas, den wirtschaftlichen Aufschwung, für den Telekommunikationssektor selbst und für die Bürgerinnen und Bürger, die über eingeschränkte und unfaire Internetzugänge wie Internet und Mobilfunkdienste frustriert sind.«
Wegfall der Romaing-Aufschläge und EU-weite Telefontarife
Das Gesetzespaket soll unter anderem für die Abschaffung von Roaming-Gebühren für Mobilfunkkunden innerhalb der EU sorgen. So sollen Aufschläge für auf Reisen innerhalb der EU angenommene Anrufe ab dem 1. Juli 2014 verboten werden. Weiterhin sollen Mobilfunkanbieter ihren Kunden entweder EU-weite Telefontarife anbieten (Roaming zu Inlandspreisen) oder ihren Kunden erlauben, den Vertrag zu entkoppeln. Dies würde bedeuten, dass die Kunden sich für einen anderen Roaming-Anbieter entscheiden können, der günstigere Tarife anbietet, ohne dabei eine neue SIM-Karte kaufen zu müssen.
Auch im Festnetz sollen Telefongespräche innerhalb der EU einheitlich kosten. Geht es nach der EU-Kommission, sollen Kunden künftig für einen Festnetzanruf innerhalb der EU nicht mehr zahlen als für ein Inlandsferngespräch. Mobilfunkanrufe innerhalb der EU dürften nicht mehr als 19 Cent pro Minute zzgl. MwSt kosten. Mit der Festsetzung der Preise sollen Unternehmen ihre objektiv gerechtfertigten Kosten decken können, aber keine willkürlichen Gewinne mehr aus Anrufen innerhalb der EU erzielen, argumentiert die EU-Kommission.
Netzneutralität: Gesetzlicher Schutz für das offene Internet
Auch das Thema Netzneutralität ist der EU wichtig. Mit den neuen Gesetzen soll das Blockieren und Drosseln von Internetinhalten verboten werden, so dass Nutzer Zugang zu einem uneingeschränkten und offenen Internet haben. Gleichzeitig sollen »Spezialdienste« mit zugesicherter Dienstqualität, wie zum Beispiel IPTV, Video-on-Demand oder Datenintensive Anwendungen in der Medizin weiterhin angeboten werden dürfen. Allerdings dürfen dadurch die den anderen Kunden zugesagten Internetgeschwindigkeiten nicht eingeschränkt werden. Als ein weiterer Punkt sollen Verbraucher künftig überprüfen können, ob sie auch die Internetgeschwindigkeiten erhalten, für die sie zahlen.
Europaweit harmonisierte Verbraucherrechte
Kunden sollen mit den neuen Gesetzen auch mehr Rechte bekommen. Neu sind Rechte wie das Recht auf klar formulierte Verträge mit besser vergleichbaren Angaben, erweiterte Rechte in Bezug auf den Anbieter- oder Vertragswechsel, Anspruch auf einen 12-Monats-Vertrag, sofern keine längere Vertragslaufzeit gewünscht wird, ein Kündigungsrecht, falls die zugesagten Internetgeschwindigkeiten nicht eingehalten werden, sowie das Recht auf Weiterleitung der E-Mails an eine neue E-Mail-Adresse nach einem Anbieterwechsel.
Auch die Unternehmen sollen von den neuen Regelungen profitieren. Derzeit orientieren sich Telekommunikationsanbieter an 28 nationale Märkte. Nun sollen sie eine einzige Genehmigung (statt 28) für die Tätigkeit in allen 28 Mitgliedstaaten erhalten können. Damit soll es für die Unternehmen einfacher sein, in weiteren Ländern aktiv zu werden und zum Beispiel Zugänge zu Netzen anderer Unternehmen mieten zu können, um einen konkurrierenden Dienst anzubieten.
Die für Digitale Agenda zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes erklärte: »Das heute vorgeschlagene Gesetzespaket birgt großartige Neuigkeiten für die Zukunft des Mobilfunks und des Internets in Europa. Die Europäische Kommission sagt nein zu Roamingaufschlägen, ja zur Netzneutralität, ja zu Investitionen und ja zu neuen Arbeitsplätzen. Bei den Vorschriften für den Telekommunikationssektor geht es nicht mehr nur um diesen einen Sektor, sondern um die Untermauerung einer tragfähigen Entwicklung aller Branchen.« Neelie Kroes wird das Gesetzespaket am Donnerstag, den 12. September, vorstellen.
Die Kritiker der neuen Regelungen warnten bereits, dass die Kosten für die Verbraucher mit den neuen Gesetzen eher steigen werden. Wenn die Anbieter gezwungen werden, die Preise europaweit einheitlich zu halten, können im Gegenzug Inlandstarife oder auch andere Gebühren angehoben werden.