Meinungen zu EU-Plänen zur Roaming und Netzneutralität

Vorschläge der EU-Kommission stoßen auf Kritik

13. September 2013

Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Neelie Kroes, hat am Donnerstag in Brüssel den Verordnungsentwurf für einen einheitlichen europäischen Telekommunikationsmarkt vorgestellt. Dabei geht es unter anderem um Abschaffung von Roaming-Gebühren und auch das Thema Netzneutralität. Die Vorschläge der für die Digitale Agenda der EU zuständiger Kommissarin stoßen jedoch auf Kritik von vielen Seiten.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (bmwi) sieht die Pläne der EU insgesamt positiv will in weiteren Verhandlungen den Wettbewerb stärken. »Die Vorschläge der Kommission, die Roaming-Gebühren in der EU weiter zu senken und Verbraucher damit zu entlasten, gehen in die richtige Richtung«, so der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Dr. Philipp Rösler. »Gleichzeitig müssen wir auch die Sorgen der Telekommunikationsbranche ernst nehmen, denn die neuen Regelungen dürfen nicht dazu führen, dass notwendige Investitionen in den Ausbau der Netzinfrastruktur unterbleiben.« Auch beim Thema Netzneutralität sieht Rösler noch Handlungsbedarf: Die neuen EU-Vorschläge seien trotz noch offener Fragen, im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen ein wichtiger Schritt nach vorn, so der Bundesminister. Die Kommissionsvorschläge sollen jedoch in weiteren Gesprächen mit den Beteiligten diskutiert werden.

Kritik an geplanten Regelungen zur Netzneutralität

Bei der Netzneutralität will die EU-Kommission »Spezialdienste« mit zugesicherter Dienstqualität, wie zum Beispiel IPTV, Video-on-Demand oder Anwendungen in der Medizin, ausdrücklich erlauben. Genau solche Dienste waren bei der Einführung der DSL-Drosslung bei der Telekom, damals als »Managed Services« bezeichnet, in die Kritik geraten. Nun sollen Vereinbarungen zwischen Internetanbietern und Endkunden über Datenvolumen und Übertragungsgeschwindigkeiten möglich sein. Auch Vereinbarungen zu erweiterten Qualitätsklassen werden von der EU zugelassen. Die Anbieter-Verbände wie VATM und BITKOM begrüßen die EU-Pläne.

Für Kritiker bleibt das Netz mit den geplanten Regelungen jedoch nicht neutral. »Vielmehr scheint die EU-Kommission nun zwischen speziellen Diensten mit gesicherter Qualität und dem offenen Internet zu unterscheiden. Eine Gleichbehandlung von allen Daten und Diensten, die im Internet übertragen werden, wäre damit nicht mehr gewährleistet«, kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) den Entwurf.

Meinungen zu Roaming-Gebühren

Auch beim Thema Roaming sind die Verbraucherschützer vorsichtig. Aus Verbrauchersicht wäre die Abschaffung von Roaming-Gebühren und Einführung von einheitlichen Preisen für In- und Auslandverbindungen grundsätzlich zu begrüßen, kommentiert der vzbv die Pläne der EU. »Allerdings darf dies nicht mit Preiserhöhungen der nationalen Tarife erkauft werden«, so die Verbraucherschützer. Der Verband fordert, dass die Regulierungsbehörden ein waches Auge auf die Preisentwicklungen und den Wettbewerb haben.

Bei den Telekommunikationsanbietern kommt die Absenkung der Roaming-Preise auf Null nicht gut an. »Die von der EU seit vielen Jahren verfolgte schrittweise Senkung der Roaminggebühren halten wir für nachziehbar, aber nicht eine willkürliche Absenkung auf 0 Cent«, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. »Natürlich müssen angemessene Preissenkungen rational diskutiert werden, keinesfalls ist jedoch eine politisch festgesetzte Absenkung auf null mit dem Verweis auf den Binnenmarkt wirtschaftspolitisch zu begründen. Sie entspricht auch nicht die dem Kunden gegenüber völlig unstrittig erbrachten Leistungen«, kritisiert der VATM-Geschäftsführer. Er verweist darauf, dass die Nutzung fremder Netze mit Kosten verbunden ist. Mit der Abschaffung von Roaming-Gebühren würde auch das Geschäftsmodell der Flatrates auf dem Spiel stehen, da den Unternehmen durch die Auslandsnutzung Kosten entstehen, aber vom Kunden nicht durch Roaming bezahlt werden müssen.

Auch bei bei anderen Themen, die mit dem Verordnungsentwurf künftig zum Gesetz werden können, gibt es Kritik, auch seitens der Unternehmen. »Sehr kritisch [...] sehen wir Punkte wie [...] die nicht ausreichende Differenzierung bei den Vorleistungsprodukten. Sie schwächen eher den Wettbewerb in Deutschland und seine zahlreichen kleinen und mittelständischen Unternehmen, als ihn zu stärken. Sie erzwingen langfristig die Bildung großer supranationaler Unternehmen, die kaum in der Lage sein werden und wollen, einen Breitbandausbau zu fördern, der hierzulande im Wesentlichen regional geprägt ist. Deutschland wird geschwächt und Länder gestärkt, in denen Wettbewerb nicht so gut Fuß fassen konnte«, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner nach der Vorstellung des Entwurfs durch EU-Kommissarin Neelie Kroes. Weiterhin sieht der Vorschlag vor, dass europaweit tätige Unternehmen zukünftig nur noch der Regulierungsbehörde an ihrem Firmensitz unterliegen. »Dies ermöglicht eine Verlagerung des Hauptfirmensitzes und einen Wettbewerb der regulierungsschwachen EU-Staaten um neue Firmensitze. Vor allem aber wird damit jedwede deutschlandspezifische Regulierung ausgehebelt«, sagt der VATM-Geschäftsführer.

Bevor die Vorschläge der EU-Kommission zu einem Gesetz werden, müssen die 28 EU-Mitgliedsländer und das EU-Parlament zustimmen. Bis dahin kann der Verordnungsentwurf noch überarbeitet werden. In dieser Hinsicht sind die Pläne der EU-Kommission auch zeitlich sehr ehrgeizig. Denn einerseits sollen Roaming-Aufschläge bereits zum 1. Juni 2014 entfallen. Andererseits bleibt es fraglich, ob das neue Gesetz bis dahin auch verabschiedet wird.

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