Bundesrat lehnt Telekommunikationsgesetz vorerst ab

Länder fordern mehr Überwachungsmöglichkeiten

03. April 2004
Der Bundesrat hat am Freitag dem neuen Telekommunikationsgesetz die Zustimmung verweigert, das damit in den nächsten Wochen im Vermittlungsausschuss beraten werden muß. Ein wesentlicher Grund der Länder: Aus ihrer Sicht sind die vom Bundestag beschlossenen Abhör- und Überwachungsmöglichkeiten unzureichendend.

Der Bundesrat fordert unter anderem, dass Verkehrsdaten aller Telefongespräche, ganz gleich ob Festnetz oder Mobilfunk, für 6 Monate auf Vorrat gespeichert werden sollen, ohne dass hierfür auch nur ein konkreter Verdacht einer Straftat im Einzelfall bestehen müsste. Weiterhin fordert Bundesrat Unternehmen, die Prepaid-Karten anbieten, etwa Mobilfunknetzbetreiber, personenbezogene Daten der Kunden zu zu erheben. Nach den Vorstellungen der Länderinnenminister soll das neue Gesetz es sogar ermöglichen, Betreiber von eigenen Telefonanlagen - z.B. in Krankenhäusern, Hotels oder von mittelständischen Unternehmen - zur Überwachung mit heranzuziehen.

«Dies bedeutet allein für die Speicherung einer solch gigantischen Datenmenge erhebliche Kosten, die die Länder nicht tragen wollen. Zudem müssen die Daten vor unerlaubtem Zugriff gesichert und bei konkreten Anfragen ausgewertet werden, da die Datensammlung alleine den Strafverfolgungsbehörden keinerlei Nutzen bringt», so Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V. (VATM). «Die immense finanzielle Belastung erscheint angesichts der minimalen Erfolgsaussichten und der erheblichen Belastung der Wirtschaft unverantwortbar. Leidtragender wäre am Ende der einzelne Bürger, der sich nicht nur einer verschärften Überwachung gegenübersähe, sondern diese dann auch noch über steigende Telekommunikationskosten bezahlen soll».

«Die Sicherheitsbehörden und Innenminister machen sich ganz offensichtlich keinerlei Vorstellungen darüber, in welchem Umfang heutzutage Daten über die Kommunikationsnetze transportiert werden, die weit über die damalige Sprachtelefonie hinausgehen», so VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. Die Netze und vor allem die Vermittlungsknoten sind gerade so dimensioniert, dass sie diesen Verkehr aufnehmen und weiterleiten können. Eine gleichzeitige Speicherung des gesamten Verkehrs und die übrigen Überwachungsmaßnahmen würden die Wirtschaft bis hin zu Hotels und Krankenhäusern insgesamt in Milliardenhöhe belasten, ohne überhaupt die Gewähr dafür zu bieten, die eigentlich von den Strafverfolgungsbehörden benötigten einzelnen Daten herausfiltern zu können.

Mit dem neuen Telekommunikationsgesetz sollen fünf neue europäische Vorgaben im Bereich des Telekommunikationsrechts in nationales Recht umgesetzt werden. Hauptziel der Vorlage ist die Schaffung von Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation. Die europäischen Richtlinien ermöglichen erstmals, nach einer Marktanalyse bestimmte Märkte aus der sektorspezifischen Regulierung zu entlassen und dem allgemeinen Wettbewerbsrecht zu unterstellen. Außerdem soll durch das neue europäische Recht unter anderem der Regulierungsbehörde mehr Spielraum hinsichtlich der Anwendung der Regulierungsinstrumente eingeräumt werden.

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