Vergabe- und Auktionsregeln der 5G-Mobilfunkfrequenzen waren rechtswidrig

Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts zur 5G-Auktion

30. August 2024

Das Verwaltungsgericht Köln hat am Montag, den 26. August 2024, geurteilt, dass die Vergabe der 5G-Frequenzen durch die Bundesnetzagentur nicht rechtmäßig erfolgte. Konkret entschied das Gericht, dass die Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur vom 26. November 2018 über die Vergabe- und Auktionsregeln für die im Jahr 2019 durchgeführte Versteigerung der für den 5G-Mobilfunk besonders geeigneten Frequenzen in den Bereichen 2 GHz und 3,6 GHz rechtswidrig sei. Das Gericht hat die Bundesnetzagentur zur Neubescheidung verpflichtet.

Gerichtsentscheidung zur 5G-Auktion

Hintergrund

Für die Zuteilung der genannten Frequenzen ordnete die Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur am 14. Mai 2018 ein Vergabeverfahren an und bestimmte, dieses als Versteigerungsverfahren durchzuführen (BK1-17/001, Teil I und II). Am 26. November 2018 erließ die Präsidentenkammer die im vorliegenden Verfahren angegriffene Entscheidung über die Vergabe- und Auktionsregeln (BK1-17/001, Teil III und IV). Die Versteigerung wurde im Jahr 2019 durchgeführt und erzielte Erlöse in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro.

Die Vergaberegeln in der Präsidentenkammerentscheidung vom 26. November 2018 umfassen unter anderem die Frequenznutzungsbestimmungen für die späteren Zuteilungsinhaber. Hierzu gehören zum Beispiel konkrete Versorgungsverpflichtungen für Haushalte und Verkehrswege sowie eine sog. Diensteanbieterregelung. Durch diese werden die späteren Zuteilungsinhaber verpflichtet, mit Diensteanbietern ohne eigene Netzinfrastruktur über die Mitnutzung von Funkkapazitäten zu verhandeln.

Dieses Verhandlungsgebot halten die hier klagenden Diensteanbieterinnen für unzureichend. Sie beantragten bereits im Verfahren vor der Präsidentenkammer eine sog. Diensteanbieterverpflichtung. Diese Anträge verfolgten sie mit ihren im Dezember 2018 erhobenen Klagen weiter. Zudem sah die Klägerin in dem Vergabeverfahren eine unrechtmäßige politische Einmischung in die Arbeit der unabhängigen Bundesnetzagentur. Das Verfahren sei insbesondere durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) [...] in rechtswidriger Weise beeinflusst worden, heißt es weiter.

Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Klage der einen Diensteanbieterin mit Urteil vom 3. Juli 2019 zunächst als unzulässig abgewiesen (Az.: 9 K 8489/18). Mit Urteil vom 21. Oktober 2021 (Az.: 6 C 8.20) hob das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung teilweise auf und verwies sie insoweit an das Verwaltungsgericht Köln zurück. In dem zurückverwiesenen Verfahren (neues Az.: 1 K 1281/22) sowie in dem noch anhängigen Verfahren der zweiten Diensteanbieterin (Az.: 1 K 8531/18) führte das Verwaltungsgericht Köln Anfang Juni 2024 eine Beweisaufnahme durch.

Mit dem am Montag nach mündlicher Verhandlung verkündeten Urteil hat das Verwaltungsgericht Köln die Präsidentenkammerentscheidung vom 26. November 2018 aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Anträge der Klägerinnen auf Aufnahme einer Diensteanbieterverpflichtung neu zu bescheiden (Aktenzeichen: 1 K 1281/22, vormals 9 K 8489/18, und 1 K 8531/18). Zur Begründung führte die Vorsitzende der 1. Kammer bei der Urteilsverkündung aus:

»Die Präsidentenkammerentscheidung ist formell rechtswidrig. Die konkrete Verfahrensgestaltung der Präsidentenkammer begründet gegenüber allen drei Mitgliedern die Besorgnis der Befangenheit. Hierfür ist nicht erforderlich, dass das Mitglied tatsächlich befangen war. Es reicht der ‚böse Schein‘. Dieser kann sich auch daraus ergeben, dass sich die Verfahrensgestaltung des Amtswalters so weit von den anerkannten rechtlichen Grundsätzen entfernt, dass für den davon betroffenen Beteiligten der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung entsteht.«

Das Gericht sei überzeugt, dass die Präsidentenkammer dem massiven Druck von Seiten des BMVI zumindest teilweise nachgegeben hat. So versuchte das BMVI während des gesamten Vergabeverfahrens im Jahr 2018 in erheblicher Weise, auf die Entscheidungen der Präsidentenkammer Einfluss zu nehmen, indem es sich für strengere Versorgungsverpflichtungen einsetzte. Weitere Details hierzu führt das VG Köln in seiner Pressemitteilung zum Urteil auf.

Folgen des Urteils

Die Bundesnetzagentur muss nun auch die Auflagen für die Lizenznehmer der 5G-Frequenzen neu entscheiden und dabei die Einschätzung des Verwaltungsgerichts Köln einbeziehen. So müssen auch die Wettbewerbsverhältnisse im Mobilfunkmarkt und die Diensteanbieterverpflichtung von der Behörde neu bewertet werden, erklärt EWE TEL. Diensteanbieter haben kein eigenes Mobilfunknetz. Sie benötigen einen Vertrag mit einem Netzbetreiber, um dessen Netz zu nutzen und eigene Mobilfunkprodukte an Privat- und Geschäftskunden zu verkaufen. Dafür zahlt der Diensteanbieter Entgelte an den Netzbetreiber. Frequenzen sind öffentliche Güter, die von der Bundesnetzagentur exklusiv vergeben werden. Daher forderten auch Monopolkommission, Bundeskartellamt und EU-Kommission eine Diensteanbieterverpflichtung im Rahmen der 5G-Frequenzvergabe. Dennoch waren seit der Vergabe der 5G-Frequenzen die Netzbetreiber nicht mehr dazu verpflichtet, ein Angebot zu unterbreiten.

Die konkreten Auswirkungen des Urteils sind noch nicht klar. Auch ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Das VG Köln hat zwar keine weitere Revision zugelassen, die Bundesnetzagentur könne jedoch eine Zulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht beantragen.

Um das weitere Vorgehen transparent und diskriminierungsfrei zu gestalten, hat die Bundesnetzagentur einige Ausführungen für die Mobilfunknetzbetreiber und anderen Markteilnehmer als erste Orientierung zusammengestellt. Diese finden sich auf der Website des Bundesnetzagentur. Die Behörde sehe hinsichtlich der auf Grundlage der aufgehobenen Entscheidung erteilten Zuteilungen zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen.

Quellen: Mitteilungen des VG Köln, der Bundesnetzagentur und EWE TEL

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