Meinung: Kundenansturm überfordert DSL-Anbieter

Kundenbindung bleibt auch auf der Strecke

14. März 2005
Vier von fünf Internetnutzern gehen derzeit noch über vergleichsweise langsame ISDN- oder Analoganschlüsse online. Doch jeder zweite Festnetzkunde überlegt, künftig via schnelle DSL-Verbindung und Flatrate im Internet zu surfen. Die Folge: Insbesondere die DSL-Discounter liefern sich kostspielige Preiskämpfe, um möglichst viele Neukunden für ihre Services zu gewinnen. Sonderaktionen sollen bisherige Schmalbandnutzer dazu bewegen, auf Breitband umzusteigen, so die Markteinschätzung von Mummert Consulting.

Auf der Jagd nach neuen Kunden analysieren die Anbieter jedoch nicht, welche Kunden profitabel sind. Auch die Kundenbindung bleibt auf der Strecke. Der Grund: Die DSL-Anbieter sind vom Neukundenandrang so überfordert, dass sie ihre Bestandskunden vernachlässigen. Falsche Rechnungen und wenige Möglichkeiten, als Kunde selbst online Leistungen anzufordern, sind nach Einschätzung von Mummert Consulting die größten Mängel beim Kundenservice.

Bisher hinkt Deutschland bei der Verbreitung von DSL hinter den alten EU-Mitgliedsstaaten hinterher. 6,6 Prozent der Bevölkerung nutzten im vergangenen Juli hierzulande einen Breitbandanschluss. Der EU-Durchschnitt liegt bei 7,6 Prozent. Ein Grund für die geringe Verbreitung von DSL in Deutschland waren bisher hohe Preise.

Mit Preisoffensiven versuchen die Telekom und ihre Wettbewerber nun, die bisherigen Schmalbandsurfer für Breitbandzugänge zu gewinnen. Mit Erfolg. Die Hälfte der Festnetzkunden plant, künftig per DSL ins Internet zu gehen. Vor allem jüngere Zielgruppen und Geschäftskunden finden die Angebote für das schnelle Internet interessant. Experten schätzen, dass es bis Ende 2007 rund zehn Millionen DSL-Anschlüsse in Deutschland geben wird. 1,4 Millionen Anschlüsse sollen den Geschäftskunden bereits Ende dieses Jahres zur Verfügung stehen.

Das Problem: Die Discounter sind derzeit von der Masse der Neukunden überfordert. Sie vernachlässigen im Kampf um neue Abnehmer ihre bisherigen Kunden. Sicherheitstools, transparente Rechnungstellung oder eine gute Betreuung in Kundencentern sind selten. Die Themen Kundenwert, Kundenbindung und Service bleiben auf der Strecke. Ob ein Kunde profitabel ist, analysieren viele Anbieter nicht.

Die Folge: Der DSL-Markt differenziert sich in Luxusmarken und Billiganbieter. AOL und Telekom etablieren sich mit Servicepaketen und Kundenportalen als teure Premium-Dienstleister, so Mummert Consulting. Unter den billigen DSL-Discountern herrscht hingegen ein Verdrängungswettbewerb, der sich in diesem Jahr weiter verschärfen wird. Um ihre Nutzer langfristig zu halten, sollten jedoch auch die Billiganbieter ihre Strategien schärfen und sich stärker gegeneinander abgrenzen. So sind beispielsweise Zusatzleistungen zum DSL-Tarif wie Internettelefonie, Sicherheitssoftware oder höhere Bandbreiten gute Möglichkeiten, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und sich gegenüber anderen Billiganbietern abzugrenzen.

Außerdem: Derzeit sind viele Dienstleister nicht mehr als ein weiterer Vertriebsweg für bestehende Produkte der Telekom. Damit die DSL-Anbieter bei den Kunden mit besseren Leistungen wie höheren Bandbreiten und Inklusivleistungen punkten können, müssen sie auch in eigene Infrastrukturen investieren.

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