BREKO und VATM warnen vor Einstieg in regionalisierte Regulierung

Verbände befürchten negative Auswirkungen für Verbraucher und Wirtschaft

17. November 2014

Die Bundesnetzagentur hat Entwurf der Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich des Bitstromzugangs zur nationalen Konsultation veröffentlicht. Dabei hat die Behörde erstmals eine regionale Differenzierung vorgenommen. Die Branchenverbände haben den Vorschlag der Bundesnetzagentur kritisiert. Sie befürchten negative Auswirkungen für Verbraucher und Wirtschaft, da eine solche regionalisierte Regulierung, einmal eingeführt, später auch andere wichtige Vorleistungen, wie den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL), betreffen könnte.

Bitstromzugang ermöglicht Wettbewerbern der Telekom Deutschland GmbH den Zugang zu deren Netz und erlaubt ihnen die Vermarktung der von der Telekom erzeugten Breitband-Anschlüsse in eigenem Namen. Bitstromnachfrager werden so in die Lage versetzt, ihren Endkunden auf Basis variabler Qualitäten vor allem xDSL-und VDSL-, zukünftig auch Glasfaser-Anschlüsse bereitzustellen und Breitbanddienste anzubieten. In ihrem Entwurf hat die Bundesnetzagentur zwei Märkte definiert: Ein Markt, der eher die Zugangsnetze betrifft (Layer-2-Bitstromzugang), und ein Markt, der eher auf die Kernnetze zielt (Layer-3 Bitstromzugang). Der Layer-3-Bitstromzugangsmarkt umfasst auch die TV-Kabelnetzinfrastruktur.

Laut dem vor wenigen Tagen veröffentlichten Entwurf plant die Regulierungsbehörde, die Telekom Deutschland in 15 Städten aus der Regulierung beim IP-Bitstromprodukt (Layer-3-Ebene) zu entlassen. Damit kann die Telekom hier alleine die Mietpreise und Zugangsbedingungen festlegen. Als Begründung führt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, aus, dass in diesen Ballungsräumen ein stabiler Wettbewerb herrsche. Als nicht mehr regulierungsbedürftig werden die Städte Bochum, Bottrop, Bremerhaven, Gelsenkirchen, Herne, Karlsruhe, Kiel, Köln, Leipzig, Leverkusen, Mannheim, Osnabrück, Pforzheim, Recklinghausen und Reutlingen angesehen.

Dabei sollte der Plan beim Breitbandausbau in Deutschland ein gemeinsames, konstruktives Vorgehen der Wirtschaft sein, so der Branchenverband VATM. »Wenn wir den Breitbandausbau hierzulande wirklich voranbringen wollen, brauchen wir eine gemeinsame Anstrengung aller Marktteilnehmer«, sagt VATM-Präsident Martin Witt. Es dürfe keine einseitige Bevorzugung von Unternehmen geben. »Unsere Chance ist der regionale Ausbau der Netze«, so Witt. Die Regionalisierung von Regulierung mache die Sache nicht besser, sondern noch viel komplizierter.

BREKO-Präsident Ralf Kleint warnt vor einer Ausweitung der von der Bundesnetzagentur vorgestellten, regionalisierten Regulierung auch auf den physikalischen Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung, der so genannten »letzten Meile«. »Die Entscheidung der Bonner Regulierungsbehörde ist ein Dammbruch - und damit ein gefährliches Signal für den gesamten Telekommunikationsmarkt«, sagt Kleint. »Wenn Wettbewerber der Deutschen Telekom in bestimmten Städten sowie Ballungsräumen künftig außen vor bleiben, werden der Telekom erhebliche Spielräume eingeräumt. Sobald sie diese Spielräume nutzt, werden Vielfalt und Wettbewerb in Deutschland massiv eingeschränkt werden. Die Folge wird letztlich auch ein ausbleibender Breitbandausbau im ländlichen Raum sein, da die Investitionsmittel fehlen.«

Die Entlassung der Telekom aus der Regulierung in einem Teilbereich werde Schritt für Schritt zu Nachteilen für Verbraucher und Wirtschaft führen, befürchten BREKO-Präsident Ralf Kleint und VATM-Präsident Martin Witt. Die Schere zwischen Land und Stadt könnte noch viel größer werden.

Hinzu kommt, dass der Leistungsumfang und die Konditionen des angekündigten Ersatzproduktes auf Layer-2-Ebene - dieses muss die Telekom dem Beschluss zufolge ihren Wettbewerbern in den 15 betroffenen Städten zur Verfügung stellen - noch nicht einmal bekannt sind. Das führe zusätzlich zu völlig unnötiger Verunsicherung im Markt, so die Verbandspräsidenten unisono. In einem von den Verbänden zitiertes Gutachten des WIK-Institut wurde festgestellt, dass sich die grundlegenden Voraussetzungen, die den damaligen Bundesnetzagentur-Marktanalysen zugrunde lagen, nicht so verändert hätten, »als dass eine geänderte Entscheidung nahe läge«. Aus Sicht des BREKO und VATM sollte eine Marktanalyse der Bitstrommärkte erst dann erfolgen, wenn Layer-2-Bitstrom tatsächlich verfügbar ist und Preise und Akzeptanz am Markt tatsächlich feststehen, das Vorleistungsprodukt also als marktfähig anerkannt ist.

Lesen Sie unsere News auch als RSS-Feed

 
+++ Anzeige +++