Bundesnetzagentur gibt neue Zusammenschaltungsentgelte bekannt

Absenkung der Terminierungsentgelte im Festnetz geplant

30. November 2012

Die Bundesnetzagentur hat am heutigen Freitag der Telekom Deutschland GmbH (Telekom) neue Zusammenschaltungsentgelte, so genannte Durchleitungsentgelte oder Terminierungsentgelte, ab dem 1. Dezember 2012 bekannt gegeben. Die neuen Entgelte liegen durchschnittlich rund 20 Prozent unter dem bisherigen Niveau und sollen für zwei Jahre gelten. Terminierungsentgelte stellen sich Netzbetreiber als Vorleistungspreise dafür in Rechnung, dass sie die Anrufe von Kunden aus anderen Netzen in ihr eigenes Netz übernehmen und zum Angerufenen durchstellen.

Die Telekom darf für die im Rahmen von Netzzusammenschaltungen erforderliche Durchleitung von Verbindungen durch ihr Netz künftig von ihren Wettbewerbern in der wichtigsten Tarifzone I (Verbindungsübergabe auf der untersten Netzebene) an Werktagen von 9 Uhr bis 18 Uhr (Haupttarif) 0,36 Cent/Minute verlangen. In der übrigen Zeit von 18 Uhr bis 9 Uhr sowie an Samstagen, Sonntagen und bundeseinheitlichen Feiertagen (Nebentarif) kann das Unternehmen 0,25 Cent/Minute erheben. Diese Entgelte gelten sowohl für die Anrufzustellung im Netz der Telekom (»Terminierung«) als auch für den insbesondere bei Call-by-Call- und Preselection-Gesprächen erforderlichen Aufbau von Verbindungen aus dem Telekom-Netz zu Wettbewerbernetzen (»Zuführung«).

Falls solche Verbindungen auf einer höheren Netzebene zugeführt und daher auch mehr Netzelemente der Telekom genutzt werden (Tarifzone II), betragen die Entgelte für den Verbindungsaufbau künftig im Haupt- und Nebentarif 0,52 Cent/Minute bzw. 0,36 Cent/Minute. Bei einer Zuführung auf der höchsten Netzebene (Tarifzone III) dürfen von der Telekom in Zukunft 0,61 Cent/Minute im Haupttarif und 0,43 Cent/Minute im Nebentarif berechnet werden. Die Entgelte für die Anrufzustellung in den Tarifzonen II und III unterliegen nicht der Genehmigungspflicht.

»Die Durchleitungsentgelte wurden auf Basis der Kosten eines modernen und effizienten Netzes der nächsten Generation, eines sogenannten NGN, ermittelt. Neben den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung eines NGN haben wir zusätzlich bestehende Aufwendungen der Telekom für das bisherige reine Sprachtelefonnetz berücksichtigt. Über dieses PSTN-Netz wird derzeit noch der überwiegende Teil des Sprachverkehrs abgewickelt. Damit tragen wir dem Umstand Rechnung, dass die Telekom ihr aktuelles PSTN-Netz nicht von heute auf morgen abschalten und sofort vollständig auf ein effizienteres NGN umsteigen kann«, erklärte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Die Kapitalkosten eines NGN wurden anhand eines analytischen Kostenmodells des WIK, Bad Honnef, berechnet. Die über die reinen Kapitalkosten hinausgehenden Betriebs-, Miet- und Gemeinkosten eines NGN konnten anhand von Kostennachweisen der Telekom ermittelt werden.

Über ein NGN (»Next Generation Network«) können, anders als bei der bisherigen leitungsvermittelnden PSTN-Netztechnik (»Public Switched Telephone Network«, auch als »Festnetz« bekannt), nahezu alle Dienste wie Internet, Mail, Sprache usw. abgewickelt werden. Dabei beansprucht die Sprachtelefonie im Vergleich zu anderen Diensten nur eine vergleichsweise geringe Bandbreite. Dies führt zu deutlich niedrigeren Kosten für die Sprachtelefonie und somit auch zu erheblich geringeren Verbindungsentgelten. Hinzu kommt, dass die technischen Einrichtungen eines NGN vielfach ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen.

Neben den Basisentgelten für die Terminierungs- und die Zuführungsleistungen beinhaltet die Genehmigung auch die daraus abgeleiteten Entgelte für sog. optionale und zusätzliche Leistungen. Diese umfassen unter anderem Zuführungen zu Mehrwertdiensten wie 0800er, 0180er, 0900er Rufnummern etc., den Transit zwischen verschiedenen Netzen oder die – stark rückläufige – Zuführung von schmalbandigem Internetverkehr (Internet-by-Call).

Die Entgelte sind ab dem 1. Dezember 2012 zunächst vorläufig genehmigt worden. Sie können nicht sofort verbindlich in Kraft treten, weil im Januar zunächst noch ein nationales Konsultationsverfahren zum veröffentlichten Entscheidungsentwurf durchgeführt wird. Anschließend wird die Bundesnetzagentur den Entgeltvorschlag mitsamt der Begründung der Europäischen Kommission und den nationalen Regulierungsbehörden der übrigen EU-Mitgliedstaaten übermitteln, damit diese dazu Stellung nehmen können. Erst nach Abschluss dieses Verfahrens kann die endgültige Entscheidung ergehen.

Kritik an Senkung der Terminierungsentgelte

Der Bundesverband Glasfaseranschluss (BUGLAS) kritisiert die Absenkung der Festnetz-Terminierungsentgelte. Nach Ansicht des Verbands wird damit nicht nur die Schieflage zwischen Festnetz und Mobilfunk nicht beseitigt, sondern auch die negative Botschaft ausgesendet, dass sich Investitionen in eigene Netzinfrastrukturen nicht lohnen. Laut Buglas-Geschäftsführer Wolfgang Heer »verschwindet aus volkswirtschaftlicher Sicht der Anreiz für die Errichtung neuer Netze, wenn die Infrastruktur anderer Carrier quasi zum Nulltarif genutzt werden kann.« Die Bundesnetzagentur hatte die Festnetz-Terminierungsentgelte bereits im vergangenen Jahr auf 0,32 bis 0,45 Cent pro Minute gesenkt, so dass diese weniger als ein Fünftel der Mobilfunk-Terminierungsentgelte betragen. »Die Privilegierung des Mobilfunks ist weder aus ökonomischer noch aus technischer Sicht gerechtfertigt«, führt Heer aus. »Sie sorgt lediglich dafür, dass Finanzmittel aus dem Festnetzmarkt in den Mobilfunk transferiert werden. Dafür besteht aber im Sinne des auch regulatorisch geforderten technologieneutralen Wettbewerbs kein sachlicher Anlass.«

Erst vor zwei Wochen hat die Bundesnetzagentur neue Terminierungsentgelte für Gespräche in die deutschen Mobilfunknetze festgelegt. Ab dem 1. Dezember 2012 sollen Mobilfunknetzbetreiber 1,85 Cent/Minute erhalten, wenn ein Gespräch aus einem anderen Netz entgegengenommen wird.

Quelle: Mitteilung der Bundesnetzagentur

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