BGH: Schadensersatz für den Ausfall eines Internetanschlusses

Urteil: Internetzugang auch privat von zentraler Bedeutung

28. Januar 2013

Ein Internetzugang und seine ständige Verfügbarkeit ist für die Deutschen auch im privaten Bereich sehr wichtig und dessen Ausfall macht sich im Alltag signifikant bemerkbar. Diese Ansicht vertritt der Bundesgerichtshof (BGH) und hat in einem jüngsten Fall einen Anspruch auf Schadensersatz für den mehrwöchigen Ausfall Ausfall des Internetzugangs zuerkannt (Urteil vom 24. Januar 2013, Az.: III ZR 98/12).

Bundesgerichtshof

Im vorliegenden Fall konnte der Kläger infolge eines Fehlers des beklagten Telekommunikationsunternehmens bei einer Tarifumstellung seinen DSL-Internetanschluss in der Zeit vom 15. Dezember 2008 bis zum 16. Februar 2009 nicht nutzen. Neben dem Internetzugang wurde der betroffene Anschluss auch für Telefonie (Voice over IP, VoIP) und Telefaxverkehr genutzt. Der Kläger verlangte Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit, seinen DSL-Anschluss zu nutzen. Weiterhin sollte der Internet-Anbieter Mehrkosten, die infolge des Wechsels zu einem anderen Anbieter und für die Nutzung eines Mobiltelefons anfielen, erstatten.

In den Vorinstanzen sind dem Kläger 457,50 Euro für das höhere, bei dem anderen Anbieter anfallende Entgelt sowie für die Kosten der Mobilfunknutzung zuerkannt worden. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat der Kläger seinen Schadensersatzanspruch für die entgangenen Nutzungsmöglichkeiten seines DSL-Anschlusses weiter verfolgt.

Internetzugang auch im privaten Bereich von zentraler Bedeutung

Die Richter haben das Internet als ein Wirtschaftsgut eingestuft, dessen »Funktionsstörung typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt«. So diene das Internet als ein Informations- und Kommunikationsmedium. Zudem werde es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt. Eine Funktionsstörung wirke sich auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant aus, so der BGH. Daher stehe dem Kläger ein Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit des Internetzuganges zu.

Ausfall des Telefons und des Telefax

Gleichzeitig hat das Gericht die Schadensersatzansprüche wegen des Ausfalls des Festnetztelefons und des Telefaxes betrachtet und diese abgelehnt. Die Nutzung des Telefons und dessen ständige Verfügbarkeit seit zwar für die Lebensgestaltung von zentraler Wichtigkeit, so das Gericht. Ein Schadensersatz entfalle jedoch, »wenn dem Geschädigten ein gleichwertiger Ersatz zur Verfügung steht und ihm der hierfür anfallende Mehraufwand ersetzt wird«. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger im maßgeblichen Zeitraum ein Mobiltelefon genutzt und die dafür angefallenen zusätzlichen Kosten ersetzt verlangt. Der Fortfall des Telefaxes wirke sich dagegen zumindest in dem hier in Rede stehenden privaten Bereich nicht signifikant aus, führten die Richter weiter aus. Weiterhin vermerkte das Gericht, dass diese Möglichkeit, Texte und Abbildungen zu versenden, »zunehmend durch die Versendung von Text- und Bilddateien mit elektronischer Post verdrängt« werde.

Höhe des Schadensersatzes

Zur Höhe des Schadensersatzes hat der unter anderem für das Telekommunikationsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ausgeführt, dass der Kläger einen Betrag verlangen kann, der sich nach den marktüblichen, durchschnittlichen Kosten richtet. Diese sollen sich an Kosten richten, die in dem betreffenden Zeitraum für die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit der vereinbarten Kapazität ohne Telefon- und Faxnutzung angefallen wären. Zur näheren Sachaufklärung hierzu hat der Senat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Kommentar

Der Bundesgerichtshof hat mit diesem Urteil das Internet als wesentlichen Bestandteil des Lebens eingestuft. Bei Fehlern sei ein Telekommunikationsunternehmen nun grundsätzlich schadensersatzpflichtig. Allerdings soll der Schaden sich nach den marktüblichen Kosten für den reinen Internetzugang richten, die üblicherweise im zweistelligen Euro-Bereich liegen. Interessant ist auch eine weitere mögliche Auswirkung des BGH-Urteils: Nach Ansicht des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft eco hat dieses auch eine hohe politische Relevanz. So wäre eine Internetsperre, wie sie die Rechteverwertungsindustrie als Strafe für Urheberrechtsdelikte fordert, unzulässig, erklärte eco. Weiterhin unterstreiche das Urteil die gesellschaftliche Verantwortung der deutschen Zugangsprovider: »Mit diesem höchstrichterlichen Urteil wird auch die hohe gesellschaftliche Bedeutung einer stabilen und sicheren Internetinfrastruktur bestätigt«, so Oliver Süme, Vorstand für Politik, Recht und Regulierung bei eco. Hier sieht Süme eine Verantwortung der Politik, den lahmenden Breitbandausbau außerhalb der Ballungsräume zu fördern, um gerade wirtschaftlich schwächeren Regionen bessere Entwicklungschancen zu bieten.

Quellen: Mitteilungen des BGH und des eco Verbandes; Bild: iStockphoto.com/Fontanis

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